Nachdem der oberste Bayerische Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2016 Mängel der Prüfung von Kassenaufzeichnungen bargeldintensiver Unternehmen aufgezeigt und eine gesetzliche Grundlage zur Unterstützung der Betriebsprüfer forderte, hat das Bundesministerium für Finanzen nun reagiert und am 18.03.2016 einen Referentenentwurf für ein „Kassengesetz“ vorgelegt. Elektronische Registrierkassensysteme sollen danach ab 2019 manipulationssicher werden, um die Unveränderbarkeit einmal erfasster Geschäftsvorgänge zu gewährleisten. Ob das Gesetz ehrlichen Unternehmern auch helfen wird, unberechtigten Vorwürfen der Finanzverwaltung zu begegnen? Wir glauben nicht daran!
Mit dem vorliegenden „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen sowie Entwurf einer Technischen Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ will die Finanzverwaltung insbesondere durch folgende Maßnahmen ihr Ziel erreichen:
A.) Einführung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung als Manipulationsschutz
Unternehmer, die z. B. Ihre Barumsätze mit computergestützten Kassensystemen oder Registrierkassen erfassen, müssen ihre Kasse künftig mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung schützen, das aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle besteht. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll die Einrichtung zertifizieren.
B.) Einführung einer Kassen-Nachschau
Um Steuersünder auf „frischer Tat zu ertappen“, soll eine so genannte Kassen-Nachschau den Prüfern des Finanzamtes die Möglichkeit eröffnen, ohne Ankündigung und ohne Anordnung einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) in den Geschäftsräumen zu erscheinen, z. B. um die täglichen Aufzeichnungen mit dem Kassenbestand zu vergleichen, die Aufzeichnungen des Kassensystems zu überprüfen oder Datensätze aus dem Kassensystem heraus zu verlangen. Wohnräume dürfen nur in Ausnahmefällen betreten werden. Geben die gefundenen Ergebnisse dazu Anlass, kann zu einer Außenprüfung übergegangen werden.
C.) Sanktionierung von Verstößen
Verstöße gegen die Aufzeichnungspflichten des neu einzuführenden § 146a AO stellen künftig als „Steuergefährdung“ eine Ordnungswidrigkeiten dar. Dies ist z. B. möglich, wenn das Kassensystem nicht oder nicht richtig angewendet wird oder gegen Manipulation Dritter schützt. Verstöße können mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.
Warum das Gesetz das Ziel verfehlt:
Na dann ist doch alles gut, werden nun viele sagen. Wer ein zertifiziertes System nutzt, ist demnach künftig vor Zuschätzungen des Finanzamtes gefeit. Das wäre zu schön, um wahr zu sein!
Die einfach erscheinende Lösung der Zertifizierung, dürfte in der Praxis zu erheblichen Problem bei der Umsetzung führen. Denn die Zertifizierung des BSI wird dem Unternehmer nicht bescheinigen, dass es sich um ein manipulationssicheres System handelt. Das würde nämlich erfordern, dass man den Programmcode eines jeden auf dem Markt erhältlichen Kassensystems vollumfänglich analysiert und zwar erneut bei jedem Update. Der hierdurch entstehende Arbeitsaufwand dürfte enorm sein.
Die Lösung kann daher nur lauten, dass die Zertifikate des BSI den Kassensystemen die ordnungsmäßige Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle bei sachgemäßer Anwendung testiert. Manipulationen werden daher künftig vermutlich erschwert, keinesfalls aber verhindert werden können. Der Umkehrschluss lautet demnach: Der ehrliche Unternehmer wird sich daher dem finanzbehördlichen Vorwurf der Manipulation unverändert gegenübersehen können, auch wenn das System versehentlich nur falsch bedient wurde.
Wie es weiter geht:
Dem Vernehmen nach hat sich die Politik bereits im Vorfeld über das Konzept geeinigt, sodass die neuen Regelungen das Gesetzgebungsverfahren wohl zügig durchlaufen werden. Es ist damit zu rechnen, dass sie erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein werden, die nach dem 31. Dezember 2018 beginnen.
Fazit: Wer schreibt bleibt.
Selbst bei kostenintensiver Umstellung auf zertifizierte Systeme wird sich auch künftig jeder Unternehmer dem Risiko gegenüber sehen, dass die Finanzverwaltung den erklärten tatsächlichen Umsätzen zu versteuernde Sicherheitszuschläge hinzuschätzt und Strafzahlungen verhängt.
Unser Praktiker-Tipp: Nach wie vor existiert keine gesetzliche Pflicht zur Anschaffung einer Registrierkasse. Selbst wer eine Registrierkasse bereits besitzt oder anschaffen will muss diese nicht zur Aufzeichnung der Bareinnahmen nutzen. Der vorliegende Gesetzesentwurf gibt lediglich Vorgaben für den Fall, dass ein elektronisches Kassensystem zum Einsatz kommt. Es bleibt dem Unternehmer daher unbenommen, die Bareinnahmen für steuerliche Zwecke mittels eines handschriftlichen Kassenberichts aufzuzeichnen (Achtung: Kein Kassenbuch!). Denn der täglich geführte Kassenbericht – insbesondere wenn er auf der Grundlage eines täglichen Zählprotokolls geführt wird, dass zudem von einem Mitarbeiter als Zeugen unterzeichnet wird – besitzt vor Gericht Beweiskraft.