Grundsätzlich ist es steuerschädlich, eine einheitliche Abfindung in zwei Veranlagungszeiträumen auszuzahlen. Der ermäßigte Steuersatz des § 34 EStG kommt regelmäßig nicht zur Anwendung (so genannte Fünftelregelung). Ausnahmsweise kann eine Teilauszahlung aber unschädlich sein, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und die Nebenleistung geringfügig ist. Eine geringfügige Nebenleistung liegt nach bisheriger Rechtsprechung vor, wenn sie unter 10 % der Hauptleistung liegt.

In seinem Urteil vom 13.10.2015 (IX R 46/14) hat der Bundesfinanzhof nun entschieden, dass eine in Teilzahlungen gezahlte Abfindung auch dann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann, wenn die strenge 10 %-Regel nicht eingehalten wird.

Im entschiedenen Fall wurde das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag in 2010 beendet. Nach dem Tarifvertrag erhielt der Arbeitgeber bereits in 2010 eine Abfindung von 10.200,00 EUR, die das Finanzamt in voller Höhe besteuerte.

Nach dem Aufhebungsvertrag wurde an den Arbeitnehmer eine weitere Zahlung von 105.000 EUR in 2011 geleistet. Der Arbeitgeber führte die Lohnsteuer ohne Berücksichtigung der Tarifermäßigung ab. In seiner Einkommensteuererklärung für 2011 machte der Kläger geltend, die betriebliche Abfindung sei als Entschädigung für entgangene Einnahmen mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.

Das Finanzamt versagte eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz, da die Abfindungen nicht zusammengeballt in einem Kalenderjahr gezahlt worden sind. Weil die tarifliche Abfindung 9,73 % der Hauptleistung ausmachte, kam die 10 %-Regel nicht zur Anwendung. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer.

Der BFH gab der Klage statt, weil die Einkommensteuer in 2011 – bei Anwendung der Fünftelregelung um 10.806,00 EUR – um einen höheren Betrag ermäßigt wurde, als die in 2010 vereinnahmte Teilzahlung von 10.200,00 EUR.

Damit erweitert der BFH seine arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung zu Abfindungszahlungen um „sozial motivierte nachträgliche Zusatzleistungen“. Hätte er anders entscheiden, wäre es in diesen Fällen günstiger, von der Vereinbarung einer Nebenleistung ganz abzusehen.

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