Studenten und Auszubildende, die bereits eine Erstausbildung abgeschlossen haben und eine zweite beruflich veranlasste Ausbildung (z. B. Studium oder Berufsausbildung) absolvieren, können künftig sämtliche Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte (Universität oder Lehrbetrieb) als Werbungskosten abziehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass für die Fahrten zur Universität oder zum Ausbildungsbetrieb die tatsächlichen Kosten, in jedem Fall aber 0,30 EUR pro gefahrener KM, als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage gilt dies nicht nur für die „einfache Entfernung“, sondern sowohl für die Hinfahrt wie auch für die Rückfahrt!

Außerdem können Betroffene für die ersten drei Monate (!) Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen in der Steuererklärung ansetzen.

Praxisfolgen: Unmittelbar sind Personen betroffen, die eine zweite Ausbildung neben einer beruflichen Tätigkeit absolvieren, denn sie profitieren sofort von der neuen Rechtslage.

Sofern derzeit keine berufliche Tätigkeit ausgeübt wird, kann es sich aber trotzdem lohnen, die entstandenen Kosten mit der freiwilligen Abgabe einer Steuererklärung feststellen zu lassen. Als Verlustvortrag können die Kosten in künftigen Jahren mit den dann entstehenden Einnnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit verrechnet werden.

Hintergrund: Die Ausbildungsstätte ist nicht mehr als eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ anzusehen. Deshalb können die tatsächlich entstandenen Kfz-Kosten abgesetzt werden bzw. aus Vereinfachungsgründen 0,30 EUR pro KM und zwar für die Hin- und Rückfahrt.

 

Folgende Streitfälle lagen vor:

  • Ein Soldat, der zunächst eine militärische Ausbildung absolviert hatte, nahm anschließend im Jahr 2008 an einer Berufsbildungsmaßnahme teil. Neben den Fahrten zur Ausbildungsstätte mit 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer machte er Verpflegungsmehraufwendungen geltend.
    Eine Sozialpädagogin im Jahr 2006 besuchte ein Zweitstudium für den Studiengang Lehramt und machte die Fahrten zur Hochschule mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer (also Hin- und Rückfahrt) geltend.
  • Der BFH entschied, dass in beiden Fällen ein Abzug der Fahrtkosten als Werbungskosten möglich war, weil die (Zweit)Ausbildungen beruflich veranlasst waren und die Lehrstätten nicht als „regelmäßige Arbeitsstätte“ anzusehen wären.

Hinweis: Der Gesetzgeber hat im Jahr 2011 eine Gesetzesänderung mit Rückwirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 eingeführt. Danach können Ausbildungskosten steuerlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt werden. Diese (umstrittene) Regelung gilt aber nur für eine Erstausbildung bzw. ein Erststudium, nicht aber für eine Zweitausbildung wie im Streitfall.

Rechtsquellen: BFH-Urteile vom 09.02.2012 – VI R 42/11 (BFH/NV 2012, S. 856) und VI R 44/10 (DStR 2012, S. 644)